2022 war nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht kein leichtes. Wie der Zürcher Finanzunternehmer Artan Qelaj in seinem jüngsten Beitrag auf einem anderen Blog aufzeigte, belastete die Kombination aus hoher Inflation, steigenden Zinssätzen, explodierenden Energiepreisen und geopolitischen Spannungen nicht nur die Wirtschaft, sondern drückte auch die Anlegerstimmung. Die schwindende Kauflaune auf Seiten der Investoren dämpfte das europäische Risikokapitalgeschäft – und dürfte sich auch auf das Verhalten einer ganz besonderen Gruppe von Unternehmen ausgewirkt haben. Denn die Zahl der Neuzugänge an den weltweiten Börsen schrumpfte um nahezu die Hälfte. Doch die Schweiz hat sich diesem globalen Trend der stockenden IPO-Zahlen nicht nur erfolgreich widersetzt, sondern die Vorjahreswerte sogar deutlich übertroffen.
Artan Qelaj: Angespannte Wirtschaftslage spiegelt sich in Zurückhaltung beim Börsengang wider
Die angespannte makroökonomische Lage des Jahres 2022 spiegelte sich aus Sicht des Zürcher Finanzunternehmers Artan Qelaj auch in der Anzahl an Unternehmen wider, die den Gang an die Börse wagten. So sank die Zahl der IPOs allein im letzten Quartal um 50 Prozent, das Emissionsvolumen schrumpfte sogar um 73 Prozent. Die Zahlen für das Gesamtjahr waren nur wenig positiver: Weltweit gingen 2022 1333 Unternehmen an die Börse – ein Rückgang von 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Emissionsvolumen belief sich auf 180 Milliarden US-Dollar, was gegenüber 2021 einer Verringerung von 61 Prozent gleichkam. Allerdings geht aus dem IPO-Barometer des Prüf- und Beratungskonzerns EY auch hervor, dass es sich bei 2021 um ein absolutes Rekordjahr für IPOs handelte. Legt man Vor-Pandemie-Massstäbe an, zeigt sich demzufolge ein anderes Bild: Gegenüber 2019 stieg die Zahl der Börsengänge 2022 um 16 Prozent.
13 Börsenzugänge für SIX Swiss Exchange in 2022
Während im Rest der Welt die IPO-Aktivität 2022 um fast die Hälfte zurückging, konnte man sich in der Schweiz keineswegs über ein mangelndes Interesse an einer Aufnahme an der Börse beschweren. Im Gegenteil: die Schweizer Börse SIX Swiss Exchange konnte im Börsenjahr 2022 insgesamt 13 Neuzugänge mit einem Gesamtwert von mehr als 3800 Millionen Schweizer Franken verzeichnen. Die meisten Listings gab es im dritten Quartal, in dem sechs Neuzugänge aufgenommen wurden. Das grösste Emissionsvolumen wurde mit 2260 Millionen Schweizer Franken im vierten Quartal registriert, hier konnte die SIX drei Zugänge verzeichnen.
Wie der Zürcher Finanzunternehmer Artan Qelaj hervorhebt, bedeuteten die 13 Schweizer IPOs des Jahres 2022 eine Steigerung von satten 260 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 2021 kam es in der Schweiz zu fünf Börsengängen, vier davon an der SIX Swiss Exchange, einer an der BernerBörse BX Swiss.
Diesen rasanten Anstieg bei den Börsenzugängen hat die Schweizer Börse vor allem einem Umstand zu verdanken: 2022 konnten chinesische Unternehmen erstmals ihre Hinterlegungsscheine, die sogenannten Global Depository Receipts (GDRs), in der Schweiz kotieren. Von dieser Option machten insgesamt acht Unternehmen aus der Volksrepublik Gebrauch. Diese Kotierungen aus China haben Zürich im vergangenen Jahr zu einem der aktivsten europäischen Börsenplätze gemacht. Zum Vergleich: An der deutschen Leitbörse in Frankfurt kam es 2022 zu lediglich vier IPOs.
Foto von Denis Linine