Auch Wagniskapitalfinanzierungen sind eine Frage von Angebot und Nachfrage. Die Verfügbarkeit von Kapital und die Nachfrage danach bestimmen, wer bei den Verhandlungen in der besseren Position ist und die Bedingungen bestimmen kann. Jüngste Untersuchungen haben ergeben, dass derzeit die Risikokapitalgeber die Fäden in der Hand haben und in allen Finanzierungsphasen von dem günstigsten Verhandlungsumfeld seit mehr als einem Jahrzehnt profitieren. Finanzunternehmer Artan Qelaj aus Zürich geht anhand des «VC Dealmaking Indicators» von PitchBook ein wenig näher auf die Gegebenheiten am Wagniskapitalmarkt ein.
Kehrtwende vom gründerfreundlichen zum anlegerfreundlichen VC-Markt
So gut wie überall, wo Angebot und Nachfrage aufeinandertreffen, kann es zu unterschiedlichen Marktszenarien kommen: dem Käufer- und dem Verkäufermarkt. Während bei einem Käufermarkt das Angebot an Waren und Leistungen grösser ist als die Nachfrage und aufgrund dieses Überangebotes die Preise sinken, verhält es sich bei einem Verkäufermarkt genau umgekehrt. Im Käufermarkt kann also der Käufer zu einem grossen Teil die Bedingungen bestimmen, im Verkäufermarkt befindet sich der Verkäufer in der günstigeren Position. Diese unterschiedlichen Marktsituationen finden sich auch in der Welt der Finanzen und der Venture-Capital-Investments.
Wie Artan Qelaj erläutert, hat sich das Geschäftsklima am Wagniskapitalmarkt über mehr als ein Jahrzehnt langsam, aber stetig zugunsten von Start-ups entwickelt. Von 2010 bis 2015 waren Geschäfte in der Spätphase zwar deutlich anlegerfreundlicher als Geschäfte in der Frühphase, doch haben sich die Bedingungen in den unterschiedlichen Finanzierungsphasen seit 2015 immer mehr angeglichen. Seit Mitte des Jahres 2020 war in allen Phasen eine deutliche Entwicklung zugunsten von kapitalsuchenden Gründern zu beobachten, die durch die Verwerfungen im Zuge der COVID-19-Pandemie im Jahr 2022 ihren Höhepunkt erreichte: Vor nur einem Jahr erlebte der Wagniskapitalmarkt ein Geschäftsklima, das Start-ups in die beste Verhandlungsposition seit 2010 manövrierte.
Diese Marktbedingungen haben zwischenzeitlich eine Verkehrung in ihr Gegenteil erfahren: Dem PitchBook-«VC Dealmaking Indicator» zufolge ist die Risikokapitallandschaft nunmehr so stark zugunsten der Investoren ausgerichtet wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr.
Verschärfter Wettbewerb bei der Kapitalbeschaffung
Diese Trendwende ist massgeblich auf eine Umkehr im Verhältnis von Kapitalnachfrage und -angebot zurückzuführen: Während Start-ups nach den grossen Finanzierungsrunden der beiden Vorjahre einen hohen Bedarf an weiteren Mitteln haben, ist das Kapitalangebot in den letzten Monaten merklich zurückgegangen. Da die Nachfrage das Angebot zu übersteigen beginnt, hat sich das Geschäftsklima deutlich in Richtung eines Investorenmarktes verschoben, sodass Start-ups in zunehmendem Masse dazu gezwungen sind, zu den Bedingungen der Anleger zu verhandeln.
Für Start-ups hat sich der Wettbewerb um Kapitalgeber also spürbar verschärft. Was Gründer tun können, um unter diesen erschwerten Bedingungen das benötigte Kapital zu beschaffen und die Finanzierung ihres Unternehmens sicherzustellen, hat der Zürcher Finanzunternehmer Artan Qelaj erst kürzlich in einem Beitrag auf diesem Blog dargelegt.
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